Gelungene Talkrunde des Sportkreises Lahn-Dill zum Hessentag

Gäste am Podium: von li.: Jörg Jakob, „Steppi“, E. Göbel, Tina Hermann, Luca Waldschmidt
"Ich soll hier heute babbeln", sagte Stepanovic in seinem typischen Serbohessisch, und alle anderen Gäste babbelten zur Freude der geladenen Gäste aus Sport und Wirtschaft kräftig mit. Sein bekanntester Satz prangt gelb unterlegt auf seiner linken Brusttasche: "Lebbe geht weider". Mit dieser Aussage wurde Fußball-Trainer Dragoslav Stepanovic im Mai 1992 zur Marke. Beim Hessentagstalk des Sportkreises Lahn-Dill bewies er wieder einmal seine Entertainer-Qualität.
So berichtete der aktuelle Eintracht-Profi Luca Waldschmidt vom gemeinsamen Trainingslager der U20- und der A-Nationalmannschaft in Ascona. Von dort war er gerade zurückgekehrt. Die "Youngster" sollten in Testspielen gegen die Weltmeister bestimmte Eigenarten der Europameisterschaftsgegner simulieren. "Es war sehr schwer, gegen die Nationalspieler zu stürmen", brachte der Angreifer als Erkenntnis mit. Für A-Nationaltrainer Joachim Löw hatte Dragoslav Stepanovic nur lobende Worte übrig. "Eine Nationalmannschaft zu übernehmen, ist der schwierigste Job, den man als Trainer machen kann. Joachim Löw leistet eine tolle Arbeit", findet er. Dass Deutschland ohne gelernte Außenverteidiger Weltmeister geworden ist, wundert Stepanovic wenig, obwohl er als Aktiver auf dieser Position einst definierte, was als Weltklasse zu gelten hatte. "Wenn das Team spielt, was der Trainer will, dann kann jeder auf jeder Position spielen", sagte er. "Aber Du musst Erfolg haben. Ich habe keine Bedenken: Der Jogi wird in Frankreich wieder etwas aus der Situation machen."
Stepanovic selbst arbeitet zurzeit ehrenamtlich mit Fußballern, die einen Intelligenzquotienten um die 75 haben. "Diese Fußballer sind 22 Jahre alt, aber auf dem intellektuellen Stand eines Kindes", veranschaulichte er. Die Gründung der ID-Hessenliga mit sechs Teams habe das Leben dieser jungen Fußballer enorm bereichert. "Die sind so froh, dass sie Fußball spielen dürfen." Dieses Feedback gebe es aus den Behindertenwerkstätten, in denen die Spielergebnisse der ID-Liga und der Tabellenstand zum Tagesgespräch werden. Auch Dragoslav Stepanovic ist an dieser Aufgabe gewachsen: "Mein Herz ist nun doppelt so groß", sagte er in übertragendem Sinne. Die Aussicht auf blaue Flecken bringt "Stepi" nicht davon ab, einmal in den Eiskanal zu wollen.
Von Skeleton-Weltmeisterin Tina Hermann wollte "Stepi" wissen: "Könnte ich das auch, so durch den Eiskanal zu fahren? Sollen wir mal gemeinsam trainieren?" Die Aussicht auf blaue Flecken schreckte den 67-Jährigen nicht ab. Die 24 Jahre alte Hirzenhainerin gab anschließend einen Einblick in ihr Leben als Bundespolizistin und Leistungssportlerin. "Reich kann man mit Skeleton nicht werden. Ohne die Unterstützung meiner Eltern und der Bundespolizei könnte ich meinen Sport nicht ausüben", sagte sie. Mit zwölf Jahren zog sie ins Internat an den Königssee. "Klar hat das in der Jugend Entbehrungen mit sich gebracht. Aber ich wollte das so, ich musste das nicht. Und der sportliche Erfolg ist das Größte, was Du zurückbekommen kannst.
"Auch Fußball-Profi Luca Waldschmidt wurde früh in einem Leistungszentrum auf das Profi-Dasein vorbereitet. "Trotzdem stand bei mir der Spaß am Fußball immer im Vordergrund", sagte er. Eines hat der 20-Jährige aber schon verinnerlicht: "In einem Profi-Kader denkt jeder erst einmal an sich." Dragoslav Stepanovic wünschte dem Youngster, dass er möglichst bald den Durchbruch schafft: "Du musst explodieren, Du musst zeigen, dass Du wirklich spielen willst. Meiner Meinung nach ist die Eintracht zurzeit einer der Vereine in Deutschland, bei denen es ein jungen Spieler schaffen kann." Konkurrenzdenken kennt auch Tina Hermann: "Zusammenhalt in der Szene? Ja und nein. Wenn eine Deutsche im Weltcup etwas erreichen kann, drücken alle anderen die Daumen. Aber im Training arbeitet jede für sich." Und welchen Fußballverein unterstützt Tina Hermann? "Bayern München", antwortete die Weltmeisterin - und Stepanovic war völlig von den Socken. "Tina, Du hast es versprochen, zur Eintracht zu wechseln!" Lebbe geht weider, "Stepi".

Text und Bilder: Helmut Metz